Am 30. Juli 1935 wurde die Säntis-Luftseilbahn – oder wie es korrekt heisst: die Schwebebahn – in Betrieb genommen. Die erste Fahrt konnten die Verwaltungsräte geniessen, die beiden weiteren, «bei keineswegs reizlosem Nebeltreiben», geladene Gäste aus der ganzen Schweiz, wie es in einem zeitgenössischen Bericht hiess. Carl Meyer, der Initiant der Bahn, mochte an diesem Tag nicht nur jubeln: zu gross waren die Hindernisse, die man ihm in den Weg gelegt hatte, zu gross war auch der Widerstand der Behörden gegen sein Projekt gewesen. «Einen Berg von Schwierigkeiten» habe er bewältigen müssen, bis der andere Berg, der Säntis, endlich bezwungen war, sagte er bei seiner Eröffnungsrede.
Erst gut achtzig Jahre alt ist also die Geschichte der Säntis-Schwebebahn, und doch hat sie immer wieder tiefgreifende Veränderungen erlebt. 1960 etwa wurde die Stütze 1 auf der Schwägalp, die gewissermassen zum Markenzeichen der Bahn geworden war, ersatzlos niedergerissen. Aus der Stütze 3, bei der man aus- und einsteigen kann, wurde dadurch die Stütze 2. im Lauf der ersten grossen Ausbauphase in den siebziger Jahren wurde die Talstation verlegt; sie war nun nicht mehr mit dem Restaurant auf der Schwägalp verbunden, sondern bekam den neuen Standort, von dem aus sie noch immer startet.
Die alte Talstation war aber am Bau des Bergrestaurants noch immer ablesbar; die Spitze des Gebäudes in Richtung Säntis zeigte an, wo die Gondeln in den ersten 25 Jahren starteten. Mit dem Neubau des Hotels/Restaurants ist nun aber auch das Ende des Altbaus mit Restaurant und ehemaliger Bahnstation gekommen. Seit Mitte März wird abgebrochen – oder schöner und korrekter gesagt: Stück für Stück zurückgebaut. Kein Bauteil geht verloren, alles wird schon gleich nach der Entfernung aus dem altehrwürdigen Gebäude auf je separate Haufen gelegt: Holz, Stein, Metall, Keramik usw.
Der «Abbruch» ist ein Spektakel für die zahlreichen Wanderer und Töfffahrer, die es mit den steigenden Temperaturen ins Freie und auf die Höhe zieht. Der Neubau bietet aber einen durchaus befriedigenden Ersatz. Er steht etwas am Rand der Schwägalp, weshalb er die Landschaft deutlich weniger beeinträchtigt als die alte Anlage. Die moderne Architektur dürfte für den einen oder andern noch etwas gewöhnungsbedürftig sein (vor allem die Metallornamente an der Fassade). Ich bin aber sicher, dass der Neubau von den zahlreichen Besucherinnen und Besucher bald ebenso ins Herz geschlossen wird wie das beim Altbau der Fall ist. Spätestens wenn letzterer vollständig abgetragen ist, wird man das Konzept und den zusätzlichen Freiraum auf der Schwägalp zu schätzen wissen.