Wir wollen die Annaburg zurück!

Stadtmodellraum

Ein schöner Ort: Der Stadtmodellraum im Amtshaus V.

Das Zürcher Stadtmodell im Amtshaus V ist eine der weniger bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Im Massstab 1:1000 ist dort die ganze Stadt in Holz nachgebaut. Jedes noch so kleine Häuschen findet eine Entsprechung auf dem riesigen Modell, und sogar Projekte, die noch gar nicht verwirklicht sind, kann man ab und zu sehen. Das Baukollegium, das hier tagt, benutzt das Modell nämlich dazu, sich ein Bild zu machen von den städtebaulichen Veränderungen. Ein Besuch ist immer eine Inspiration! Ein bisschen geht man aber auch in den Stadtmodellraum, um sich zu vergewissern, dass hier die «Annaburg» noch steht. In Wirklichkeit ist das beliebte Restaurant auf dem Grat des Üetlibergs ja vor gut 25 Jahren abgebrochen worden. Doch es gibt unzählige Zürcherinnen und Zürcher, die ihr noch immer nachtrauern. So richtig tot sei die Annaburg noch nicht, habe ich Anfang Jahr in einem Artikel in der NZZ geschrieben. Solange sie ihr kleines, aber feines Refugium auf dem Stadtmodell verteidige, lebe sie in den Erinnerungen von vielen einstigen Gästen weiter.

Anna klein

Vorher (im Februar) und nachher (jetzt). Beim Draufklicken sieht man das Desaster noch grösser.

Und nun dies: Die Annaburg ist doch tatsächlich weggeräumt worden! Den barbarischen Akt habe ich heute bei einem Besuch des Stadtmodells festgestellt. War es ein glühender Fan oder ein übereifriger Angestellter der Stadtverwaltung? Wer immer es war, wir wollen die Annaburg zurück! In der Welt dieses so perfekten Modells war die kleine, aber stolze Annaburg irgendwie das Herz, das Unvollkommene, das dieses Werk erst vollkommen machte. Sollte tatsächlich jemand von der Stadt dahinter stecken, bitten wir inständig: Stellt das Häuschen doch bitte wieder auf. Um zu zeigen, dass es etwas Besonderes ist, könntet Ihr eventuell eine Annaburg aus Glas basteln – oder vielleicht sogar eine aus Gold. Der Steuerzahler würde auch dies verstehen.

Die Annaburg ist 1876 errichtet worden, zunächst als Wohnhaus für die Frau von Jacob Meier aus Wiedikon. Die gebürtige Russin war lungenkrank und sollte auf dem Uto-Grat genesen. Gut dreissig Jahre später bekam die Villa einen Hoteltrakt angehängt und eine grosse Restaurantterrasse. Doch allmählich verfielen Pracht und Charme des alten Gemäuers. Die Realisten wollten in den achtziger Jahren abbrechen, die Romaniker erhalten. In der Volksabstimmung hielten sich die beiden Lager fast die Waage. Wegen ein paar Stimmen mehr kam es schliesslich zum Abbruch – nachdem das Haus noch kurz besetzt worden war. Heute steht dort ein Picknickplatz mit WC-Häuschen.