Eine Feier für Albert Heim auf 2543 m ü. M.

Eröffnung klein

Am 22. September 1918 ist die Albert-Heim-Hütte eröffnet worden. Auf dem vergrösserten Foto (draufklicken!) erkennt man u.a. die Architekten Gustav Kruck und Heinrich Bräm, Albert Heim mit Geologenhammer und (ev.) den Bildhauer Eugen Meister. (Bildarchiv der ETH-Bibliothek)

Warum die Albert-Heim-Hütte des SAC so heisst, wissen wahrscheinlich die wenigsten, die dort übernachten. Ihnen schweben bei ihrem Aufenthalt wohl eher der Galenstock, das Chli Bielenhorn oder die Lochberglücke vor als ein Geologieprofessor, der von 1849 bis 1937 gelebt hat. Nun mussten sich die Hüttengäste aber überraschenderweise doch mit dem Mann befassen: Am 14. April wurde auf der Hütte deren hundertjähriges Bestehen gefeiert. Der Hüttenverwalter Robert Lienert und der Hüttenwart Roman Felber hatten zur Veranstaltung geladen, zu der ich einen kurzen Vortrag über die vielfältigen Interessen Albert Heims beisteuern durfte. Zuvor hatte der Geologe und langjährige Tourenleiter Rolf Bleiker die Verdienste Heims als Geologe und Hochschullehrer gewürdigt.

Heim war ein umtriebiger Krampfer, der neben seiner Hochschultätigkeit unzählige Gutachten verfasste und sich auch Themen widmete, die auf den ersten Blick leicht skurril wirken. So hat er sich etwa in einem längeren Artikel mit der Frage befasst, in welcher Tonart eigentlich Wasserfälle tönen (man hört einen tiefen F-Ton, der von hohen C-Dur-Akkorden überlagert ist). Oder er fragte sich, wie schwer eigentlich die Berge sind. Einen Namen machte er sich auch als ausgezeichneter Panoramazeichner und Hersteller zahlreicher Gebirgsreliefs. Die Fahrten mit dem Ballonpionier Edouard Spelterini halfen ihm bei der Bestimmung der Farben, die er für die Reliefs brauchte. Ausserdem setzte er sich für die Einführung der Kremation ein, damals noch Feuerbestattung genannt, und er ist interessierten Kreisen noch heute als namhafter Kynologe bekannt. Albert Heim schrieb nicht nur über das «Zughundewesen», sondern kreierte auch ein eigenes Geschirr, das an der Landesausstellung 1914 präsentiert wurde. Besonders am Herzen lagen ihm die Sennenhunde, für deren Weiterbestehen er sich einsetzte.
Ein ganz spezieller Artikel erschien 1892 im Jahrbuch des SAC: «Notizen über den Tod durch Absturz». Heim beschrieb darin nicht nur seinen eigenen Absturz am Säntis zwanzig Jahre zuvor, er befragte auch zahlreiche andere Opfer und deren Angehörige. Er selber habe beim Unfall, nach dem er eine halbe Stunde bewusstlos war, sein ganzes Leben «in zahlreichen Bildern sich abspielen» sehen. Er sei in einen Himmel mit rosa und violetten Wolken geschwebt und habe gleichzeitig sich selber frei durch die Luft fliegen sehen. Dabei hab er weder Angst noch Schmerz empfunden. Eigentlich wollte Heim den Angehörigen von Absturzopfern Mut machen, ihnen zeigen, dass dieser Tod  weniger schrecklich ist als man damals annahm. Mit seinen Schilderungen wurde er aber auch ein Vorläufer all der Bücher und Berichte über sogenannte Nahtoderlebnisse. Heim war übrigens kein religiöser Mensch, sondern nüchterner Wissenschafter. Kurz vor seinem Tod sagte er einmal: «Mich freut, was ich im Leben leisten konnte; es wird fortwirken. Dieses Jenseits genügt mir vollauf.»
Heim war auch ein ausdauernder Berggänger, der seinen Studenten auf Exkursionen bis ins hohe Alter zackig voranstieg. 1866, mit erst 17 Jahren wurde er Mitglied der Sektion Uto des Schweizer Alpenclubs SAC, die drei Jahre zuvor gegründet worden war. Er war begeistert von deren Sitzungen im Zunfthaus zur Saffran, an der viele seiner alpinistischen Vorbildern teilnahmen, unter vielen anderen etwa Heinrich Zeller-Horner oder Johann Müller-Wegmann. Immer wieder hielt Heim den SAC-Mitgliedern Vorträge über geologische Themen – und als er im Alter nicht mehr selber vorbeigehen konnte, schickte er längere Texte, die dann vorgelesen wurden. Albert Heim wurde nicht nur Ehrenmitglied der Sektion; mitten im Ersten Weltkrieg beschloss man, ihn zusätzlich mit der Benennung der neuen Hütte im Furkagebiet zu ehren. Heim bedeutete das sehr viel, schliesslich hatte er auch mitgeholfen, den genauen Standort der Hütte zu bestimmen. In einem allerdings irrte der Geologieprofessor: Er begründete die erhöhte Lage des Neubaus damit, dass sie auf diese Weise sicher sei vor dem allenfalls vorstossenden Tiefengletscher.
Nach der Feier folgt jetzt eine längere Durststrecke für all jene, die sich in diesem Gebiet tummeln: Die Hütte wird nun umfassend saniert und erweitert. Ab Spätsommer 2019 wird sie dann mit gesteigertem Komfort alten und neuen Gästen wieder offenstehen.