Und jetzt für einmal zu etwas ganz anderem: Ich ärgere mich ja immer wieder darüber, dass in der populären Musik seit ihren Anfängen ein so riesiger Starkult betrieben wird – während die wahren Grössen im Hintergrund bleiben und bald vergessen gehen. All die Motown- und Stax-Stars wären kaum so gross geworden ohne die «Funk Brothers» mit dem genialen James Jamerson auf der einen, «Booker T & The M.G.‘s» auf der andern Seite. Die Liste mit Beispielen könnte man endlos weiterführen. Ich erwähne aus aktuellem Anlass hier nur eines: Nach dem Tod von David Bowie wurde zwar da und dort erwähnt, dass „Let’s Dance“ aus dem Jahr 1983 sein mit Abstand erfolgreichstes Album war. Über den Vater dieses Erfolgs wurden aber, wenn überhaupt, nur wenige Worte verloren – weshalb ich es hier gern nachhole. Der Mann heisst Nile Rodgers und ist ein New Yorker Gitarrist und Produzent, dessen aufregendes Leben in einem sehr unterhaltsamem „Bio Clip“ auf nilerodgers.com richtiggehend heruntergerattert wird. Rodgers geht fast der Atem aus, als er all die Stars aufzählt, mit denen er gearbeitet und die er zum Erfolg geführt hat: Von Diana Ross über Madonna bis Daft Punk. Und eben Bowie, der sich Rodgers ganz bewusst ausgewählt hatte, weil er damals als Hitmaschine galt.
Rodgers selber hatte Ende der siebziger Jahre mit der Band „Chic“, die er zusammen mit dem Bassisten Bernard Edwards gegründet hatte, ein paar Hits – „Le Freak“ (1978) etwa oder „Good Times“ (1979), beide im damals gerade angesagten funkigen Disco-Sound aufgenommen. Vor allem „Good Times“ war nicht nur ein kurzlebiger Hit, sondern inspirierte unzählige Musiker – bis in die neuste Zeit. Das zeigt schon die Tatsache, dass er 163 Mal gesampled wurde, wie man auf whosampled.com nachschauen kann. Der Song war auch die Grundlage für „Rapper’s Delight“, mit der die Retortenband „Sugarhill Gang“ im gleichen Jahr für Furore (und den ersten Rap-Hit) sorgte. Und die Basslinie wurde von „Queen“ übernommen für ihren Hit „Another One Bites the Dust“, der 1980 zur meistverkauften Single der Band wurde. Ein eher flaches Cover von „Rapper’s Delight“ legte schliesslich im Jahr 2002 eine spanische Girlband mit dem „Ketchup Song“ vor. Flach, aber erfolgreich: Der Song wurde in vielen Ländern Europas zur Nummer 1, in der Schweiz hielt er sich 42 Wochen in den Charts.
Und als Fussnote sei noch angemerkt, dass David Bowies „Let’s Dance“-Album auch einen (schwachen) Bezug zur Schweiz hat. Im Sommer 1982 hatte Bowie nämlich beim Jazz-Festival von Montreux den Auftritt des 28-jährigen Bluesgitarristen Stevie Ray Vaughan gesehen – und war völlig hingerissen. Er bot ihm an, bei seinem nächsten Album den Part des Leadgitarristen zu übernehmen – was dann auch geschah. Einfach einmal etwas genauer hinhören!